Das Landgericht Oldenburg hat in einem Urteil (LG Oldenburg, Urteil vom 24.03.2021) dieses Jahr 100.000 Euro Schmerzensgeld in einem Geburtsschaden zugesprochen. Es handelte sich um einen Plexusschaden nach einer Schulterdystokie zugesprochen. Das ist bemerkenswert, weil Gerichte in der Regel deutlich geringere Schmerzensgelder für einen solchen Schaden vorsehen.

Was ist eine Schulterdystokie?

In diesem Fall musste sich das Landgericht mit der bei einem Säugling aufgetretenen Schulterdystokie befassen. Hierzu kam es bei einem Baby bei der Geburt. Doch was ist darunter zu verstehen? Wenn es unter der Geburt zu einer Schulterdystokie kommt, verhakt die Schulter des Kindes im Becken der Mutter. Die Ursache ist eine ungenügende Drehung der Schulter. Um dieses Problem zu lösen, gibt es mehrere Möglichkeiten:

Bei Vorliegen einer Schulterdystokie sind umgehend folgende dokumentationspflichtige Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Mc Roberts-Manöver
  2. Abstellen eines evtl. laufenden Wehentropfes
  3. Ggf. Wehenhemmung
  4. Großzügige Erweiterung der Episiotomie
  5. Ggf. suprasymphysärer Druck
  6. Innere Rotation der vorderen Schulter (Rubin-Manöver)
  7. Lösen der hinteren Schulter (Woods-Manöver).

In diesem Fall wurde das McRoberts-Manöver versucht. Bei dem McRoberts-Manöver muss man die Beine der Mutter mehrfach maximal beugen und strecken. Dadurch kippt das Becken der Mutter und die fest sitzende Schulter des Babys kann gelöst werden. Voraussetzung ist jedoch, dass das McRoberts-Manöver korrekt durchgeführt wird.

Wie kam es zu dem Plexusschaden?

In dem vom Landgericht Oldenburg entschiedenen Fall wurde das McRoberts – Manöver falsch durchgeführt. Für dieses Manöver müssen zwei Personen zusammen helfen. Kniet einer der Geburtshelfer dabei auf Höhe der Schulter der Mutter, ist dieses Manöver nicht korrekt durchgeführt. Denn durch diese Stellung können die Beine der Mutter nicht voll überstreckt werden. Ein einmaliges kurzes Anbeugen der Beine ist als ein eindeutiger, grober Behandlungsfehler anzusehen.

Beim groben Behandlungsfehler bzw. groben Ärztefehler kommt den Patienten eine Beweislastumkehr zugute. Nicht sie müssen den ursächlichen Zusammenhang beweisen, sondern der Arzt muss sich dann entlasten. Das gelingt in kaum einem Fall, weswegen diese Rechtsfolge für Patienten sehr günstig ist.

Fachanwalt Christoph Mühl Mainz

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mein Kind eine Plexusparese nach Schulterdystokie erlitten hat?

Ist Ihr Kind bei der Geburt geschädigt worden und es kam zu einem Plexusschaden nach einer Dystokie? Dann sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Ein Experte für Arzthaftung und Geburtsschaden unterstützt Sie bei der Durchsetzung von Schadenersatz und Schmerzensgeld für Ihr Kind. Hierzu ist regelmäßig eine Begutachtung erforderlich, damit die z.T. schwierigen Fragen nach der Vermeidbarkeit des Plexusschadens geklärt werden können.

Hierzu kann ein kostenloses Gutachten über die Krankenkasse eingeholt werden (MD Gutachten), sofern Sie gesetzlich krankenversichert sind. Bei privat Versicherten ist eine Begutachtung durch einen privaten Sachverständigen empfehlenswert. Da jede Fallgestaltung immer kleine aber feine Unterschiede mit sich bringt, sollten Sie einen Fachanwalt für Medizinrecht mit Spezialisierung auf Patientenrechte kontaktieren und Einzelheiten mit ihm besprechen.

  • Begutachtung durch die Krankenkasse.

  • Privatgutachten einholen.

  • Fachanwalt für Medizinrecht kontaktieren.

Zusammenfassung

Wenn Ihr Kind durch eine Dystokie zu Schaden gekommen ist und bei der Geburt einen Plexusschaden erlitten hat, ist ein Schmerzensgeld im Bereich von 100.000 Euro möglich. Damit Sie die Weichen von Anfang an richtig stellen, sollten Sie einen Fachanwalt für Medizinrecht kontaktieren und sich beraten lassen. Eine kostenlose Erstberatung erhalten Sie in der Kanzlei für Medizinrecht und Geburtsschaden in Mainz kurzfristig.

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Schmerzensgeld für Plexusschaden und Plexusparese

FAQ: Alles Wichtige zum Plexusschaden

Eine Plexusläsion bezeichnet eine Verletzung des Plexus brachialis. Dieses Netzwerk von Nerven, auch bekannt als Armplexus, entspringt im Halsbereich und versorgt Arm, Schulter und Hand mit Nervenimpulsen. Eine Schädigung dieser Nerven kann zu Lähmung und Sensibilitätsstörungen führen.

Der Plexus brachialis ist ein komplexes Geflecht von Nervenfasern, das die Verbindung zwischen dem Rückenmark und den Nerven im oberen Körperbereich, insbesondere im Arm, herstellt. Er steuert die Muskeln und die Sensibilität im Arm, Unterarm und der Hand.

Ein Plexusschädigung kann verschiedene Ursachen haben. Bei Säuglingen tritt er häufig als Geburtsschaden im Rahmen einer Schulterdystokie auf, bei der es während der Geburt zu einer Verklemmung der Schulter des Babys kommt. Auch traumatische Ereignisse wie Unfälle können Nervenverletzungen im Bereich des Plexus brachialis verursachen.

Die Schulterdystokie ist eine geburtshilfliche Komplikation, bei der nach der Entwicklung des Kopfes die vordere Schulter des Kindes am Schambein der Mutter hängen bleibt und sich nicht spontan lösen lässt. Eine unsachgemäße Handhabung in dieser Situation kann zu einem Schaden am Armplexus führen. Die Ursache ist eine ungenügende Drehung des Kindes im Geburtskanal.

Die Folgen eines Plexusschadens können vielfältig sein und reichen von einer vorübergehenden Schwäche bis hin zu einer dauerhaften Lähmung des betroffenen Arms. Je nach Schwere der Läsionen können Betroffene Schwierigkeiten haben, ihren Arm zu bewegen, Gegenstände zu greifen oder Empfindungen wahrzunehmen. In schweren Fällen kann es zu einer kompletten Lähmung des Armes kommen.

Was bedeutet periphere Lähmung bei einem Plexusschaden?

Eine Plexusschädigungen führt zu einer peripheren Lähmung, da der Schaden außerhalb des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) liegt und die peripheren Nerven betrifft. Dies unterscheidet sich von zentralen Lähmungen, die ihren Ursprung im Gehirn oder Rückenmark haben.

Die Behandlungsmöglichkeiten bei einem Arm-Plexusschaden hängen von der Schwere der Verletzung ab. In einigen Fällen kann sich die Funktion durch physiotherapeutische und krankengymnastische Maßnahmen spontan verbessern (Wiederherstellung, Reinnervation). Bei schwereren Nervenverletzungen kann eine neurochirurgische Operation indiziert sein, um die geschädigten Nerven zu rekonstruieren oder zu verlagern.

Armplexusparese oder einfach Plexusparese beschreibt eine unvollständige Lähmung oder Schwäche des Armes aufgrund einer Schädigung des Plexus brachialis. Im Gegensatz zu einer vollständigen Lähmung sind hier noch Restfunktionen vorhanden.

Ein geburtstraumatischer Plexusschaden entsteht während der Geburt, typischerweise durch Zugkräfte auf den Plexus brachialis bei einer schwierigen Entbindung, insbesondere bei einer Schulterdystokie oder einer Vakuumextraktion.

Das McRoberts-Manöver ist eine geburtshilfliche Maßnahme, die bei einer Schulterdystokie angewendet wird. Dabei werden die Beine der Mutter maximal angezogen und an den Bauch gelegt, um das Becken zu begradigen und so mehr Raum für die Schulter des kindes zu schaffen. Eine fehlerhafte Durchführung dieses Manövers kann zu einer Plexusparese führen.

Ein Wurzelausriss ist eine schwere Form der Läsionen im Bereich des Plexus brachialis, bei der die Nervenwurzeln direkt am Rückenmark abreißen. Solche Verletzungen haben oft schwerwiegende Folgen und erfordern möglicherweise komplexe neurochirurgische Eingriffe.

Das Horner-Syndrom kann als Begleiterscheinung einer Schädigung des Plexus brachialis auftreten, insbesondere bei Läsionen des oberen Teils des Plexus brachialis. Es äußert sich durch eine Trias von Symptomen: Herabhängendes Augenlid (Ptosis), Pupillenverengung (Miosis) und verminderte oder fehlende Schweißproduktion im Gesicht der betroffenen Seite.

Ein Plexusläsion kann erhebliche Auswirkungen auf die Handfunktion haben, da die Nerven des Plexus brachialis auch die Muskeln und die Sensibilität der Hand versorgen. Je nach betroffenem Nervenanteil kann es zu Schwäche beim Greifen, Tasten oder Führen von Bewegungen kommen.

Ein Plexusschaden kann neben den körperlichen Einschränkungen auch erhebliche psychischen Belastungen für die Betroffenen und ihre Familien mit sich bringen, insbesondere wenn es sich um einen Geburtsschaden handelt. Die dauerhaften Einschränkungen und die möglicherweise sichtbare Behinderung können zu Frustration, Angst und Depressionen führen.

Betroffene sollten einen Fachanwalt für Medizinrecht konsultieren, wenn der Verdacht auf einen Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Entstehung des Plexusschadens besteht, insbesondere bei einem Geburtsschaden. Ein Fachanwalt für Medizinrecht kann die medizinischen Unterlagen prüfen, die Erfolgsaussichten auf Schadenersatz und Schmerzensgeld einschätzen und die Betroffenen im juristischen Verfahren vertreten.

Die Höhe des Schmerzensgelds bei einem Plexusschaden ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Schwere der Lähmung, den dauerhaften Beeinträchtigungen und den psychischen Belastungen. Das Urteil über 100.000 Euro Schmerzensgeld für einen Plexusschaden bei Geburt zeigt, dass deutsche Gerichte in solchen Fällen zunehmend höhere Summen zugesprochen bekommen. Wenn es sich um einen Behandlungsfehler handelt, kann dies die Höhe des Schmerzensgelds beeinflussen.

Schmerzensgeld für ihr Kind ist eine finanzielle Entschädigung für die immateriellen Schäden, die Ihrem Kind durch einen Plexusschaden entstanden sind, insbesondere wenn dieser auf einen Geburtsschaden oder einen Behandlungsfehler zurückzuführen ist.

Bei einem groben Behandlungsfehler kehrt sich die Beweislastumkehr um. Normalerweise muss der Patient beweisen, dass der Fehler des Arztes ursächlich für den Schaden war. Bei einem groben Fehler muss der Arzt beweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich für die Plexusparese war, was in der Regel sehr schwierig ist.

Ja, es gibt es Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadenersatz zu fordern und Schmerzensgeld bei einer Plexusschädigung. Diese Fristen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 195 und 199 BGB) geregelt. Es ist ratsam, sich frühzeitig von einem Fachanwalt für Medizinrecht beraten zu lassen, um keine Ansprüche zu verlieren.

Schadenersatz deckt materielle Schäden ab, die durch den Plexusschaden entstanden sind (z.B. Kosten für Therapien, Hilfsmittel, Verdienstausfall). Schmerzensgeld hingegen ist eine Entschädigung für die immateriellen Schäden wie Schmerzen, Leid und die Beeinträchtigung der Lebensqualität. Bei Arzthaftung und Geburtsschaden können beide Ansprüche relevant sein.

Die Höhe der Schulter und die Art des Geburtsstillstands während der Geburt können Faktoren sein, die im Rahmen der Beurteilung eines Geburtsschadens und der Festlegung des Schmerzensgeld in Höhe berücksichtigt werden. Das zugesprochene Schmerzensgeld im genannten Fall von 100.000 Euro zeigt die mögliche Größenordnung.

Anwalt für Behandlungsfehler Plexusparese

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