Behandlungsfehler: Therapiefehler des Orthopäden
Erfahren Sie hier, wie es zu einem gravierenden Behandlungsfehler durch einen Orthopäden gekommen ist. Der Arzt hat einen Patienten falsch behandelt, indem er ihm ohne medizinische Erforderlichkeit (Indikation) über einen längeren Zeitraum Cortison verordnet hat. Deswegen ist es bei diesem Mann zu einer beidseitigen Hüftkopfnekrose gekommen. Er ist dadurch schwer geschädigt und musste sich mehrfach operiert werden.
Der Geschädigte leidet auch heute noch an enormen Schmerzen und ist in seinem Alltag durch die Bewegungseinschränkungen enorm beeinträchtigt.
Das Oberlandesgericht Frankfurt (8 U 127/03) sprach ihm deshalb ein Schmerzensgeld von 60.000 Euro zu.
Wenn Sie mehr über Behandlungsfehler und Arztfehler von Orthopäden erfahren wollen, lesen Sie unseren Beitrag
Wie kam es zu der Hüftkopfnekrose?
Aufgrund extremer Beschwerden im Hüftbereich stellte sich der Geschädigte, der zu diesem Zeitpunkt als Kraftfahrzeugmeister bei einem Automobilbetrieb angestellt war, beim Orthopäden vor.
Nach einer Untersuchung verschrieb der Orthopäde dem Mann gegen seine Schmerzen ein stark cortisonhaltiges Medikament, welches er über einen längeren Zeitraum einnehmen sollte.
Infolge dieser Einnahme haben sich Nekrosen an beiden Hüftköpfen des Geschädigten gebildet.
Gut zu wissen: Eine Nekrose bezeichnet den Tod einer Zelle durch Schädigung der Zellstruktur. Bei der Nekrose kommt es zu Membrandefekten, die dazu führen, dass der Zellinhalt unkontrolliert in die Umgebung der Zelle austritt. Infolgedessen kommt es zu Entzündungsreaktionen und Schmerzen.
Deshalb wurde der Geschädigte zwei Mal über einen Zeitraum von zwei Jahren vom Orthopäden operiert. Hierbei musste er über mehrere Wochen hinweg im Krankenhaus behandelt werden.
Während dieser Operationen wurde die Nekrose durch Stanzen beziehungsweise durch Bohren der Hüftköpfe behandelt.
Welche Behandlungsfehler hat der Orthopäde begangen, die zur Hüftkopfnekrose geführt haben?
Durch die fehlerhafte Gabe von Cortison über mehrere Monate ohne medizinische Indikation wurden Hüftkopfnekrosen verursacht.
Gut zu wissen: „Ohne Indikation“ bedeutet, dass eine solche Therapie Maßnahme für den Patienten keine Vorteile mit sich bringt und somit „unnötig“ bis verschlechternd ist.
Die Gabe des Medikaments ist nicht nachvollziehbar und zu keinem Zeitpunkt einleuchtend. Dieses Vorgehen nach medizinischem Standard fehlerhaft.
Wie hat sich der Orthopäde nach dem Behandlungsfehler verhalten?
Um zu beweisen, dass es sich um einen „nicht so schlimm gesundheitlichen Zustand“ handelt, wie vom Geschädigten beschrieben, engagierte der Arzt einen Detektiv. Dieser Detektiv filmte den Geschädigten heimlich, während er bspw. die Straße überquerte, um aufzuzeigen, dass er „nicht so beeinträchtigt sei“, wie er es tut.
Das heimliche Filmen greift zwar in die Grundrechte (Persönlichkeitsrecht, Art. 2 GG), des Geschädigten ein. Diese Vorgehensweise ist jedoch möglich, um dem Beklagten zu ermöglichen, sich hinreichend zu verteidigen.
Wie geht es dem Geschädigten nach den Hüftkopfnekrosen?
Körperliche Schäden durch Hüftkopfnekrose
Durch die fehlerhafte Behandlung des Beklagten, leidet der Geschädigte auch heute noch sehr stark:
- jede Bewegung ist extrem schmerzhaft für den Mann,
- deshalb musste der Geschädigte in den nächsten 4-8 Jahren mehrere Operationen über sich ergehen lassen,
- er kann allerdings bis heute seine Hüfte nicht vollständig belasten, was zu großen Einschränkungen im Alltag führt,
- es ist nicht ausgeschlossen, dass der Geschädigte eine künstliche Hüftprothese eingesetzt bekommen muss,
- er ist beim Gehen auf Gehstützen angewiesen, ohne die er niemals längere Strecken zurücklegen könnte,
- darüber hinaus ist der Geschädigte seit diesem Vorfall durchgängig krankgeschrieben und bekommt nun in einem Alter von 43 Jahren seine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Psychische Auswirkungen der Hüftkopfnekrosen
Nicht nur physisch, sondern auch psychisch leidet der Geschädigte sehr:
- er wurde durch den Vorfall aus seiner beruflichen Bahn geworfen und musste auch im Privatleben gravierende Beeinträchtigung hinnehmen,
- der Geschädigte leidet seit dem Unfall an Depressionen,
- durch die mit dem Unfall verbundene Erwerbsunfähigkeit lebt der Mann mit ständigen finanziellen Engpässen und hohem Druck,
- dies wirkt sich besonders negativ auf seine Freizeitgestaltung aus,
- auch die Länge des Gerichtsverfahrens belastet den Geschädigten psychisch sehr.
Sind 60.000 Euro Schmerzensgeld für eine beidseitige Hüftkopfnekrose angemessen?
Inwieweit ein Schmerzensgeld angemessen ist, hängt von den individuellen Umständen des einzelnen Sachverhaltes ab. Das OLG Frankfurt hat dem Geschädigten ein Schmerzensgeld von 60.000 Euro zugesprochen.
Zu berücksichtigen sind hierbei besonders die bleibenden Schäden des Mannes.
- Er wird nie wieder unbeschwert spazieren gehen können, geschweige denn wandern oder joggen.
- Mit 43 Jahren ist der Mann komplett erwerbsunfähig und musste seinen Job aufgeben. Er ist von morgens bis abends zu Hause und fühlt sich oft nutzlos.
- Er Ist komplett auf seine Gehhilfen angewiesen.
- Er wird nie mit seinen Enkelkindern auf dem Spielplatz spielen, können weil er so enorm in seiner Bewegung eingeschränkt ist.
- Die vielen Krankenhausaufenthalte haben seine Freizeitgestaltung enorm auf Null reduziert; Hobbys, Unternehmungen mit Freunden, Verwandten und seiner Familie schieden komplett aus.
- Durch die Depressionen hat er seine Lebenslust verloren und ist oft antriebslos und müde.
Unser Fazit
Bei der Bemessung von Schmerzensgeld kommt es auf verschiedene Faktoren, wie z.B. das Alter und die Schwere des Schadens an. Wie oben aufgezeigt, ist der Geschädigte sowohl physisch als auch psychische enorm beeinträchtigt und geschädigt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits im Jahr 1976 betont, dass die Gerichte ein großzügiges Schmerzensgeld vergeben dürfen und sollten. Dazu kommt, dass die heutige Inflation stets berücksichtigt werden muss und dem Geschädigten zugutekommen sollte.
Für den konkreten Fall bedeutet dies also, dass der Geschädigte heute ca. 61.000 Euro erhalten hätte.
Unserer Meinung nach liegt dieses Schmerzensgeld für eine beidseitige Hüftkopfnekrose und lebenslange Beschwerden im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen in einem vertretbaren Bereich. Dennoch zeigt die aktuelle Geldentwertung, dass die Tendenz des BGH, bei Dauerschäden großzügiger zu verfahren als bei Bagatellverletzungen, höhere Schmerzensgelder vorzusehen sind, als das noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des OLG Frankfurt im Jahr 2003 der Fall war.
Was können Sie bei einer Hüftkopfnekrose durch ärztliche Behandlungsfehler tun?
Sind auch Sie Opfer eines Behandlungsfehlers, indem Sie Cortison ohne medizinische Indikation bekommen haben und es kam dadurch z.B. zu Hüftnekrosen? Genau dann ist es enorm wichtig, einen Experten an Ihrer Seite zu haben, der Sie kompetent berät und Sie in einem möglichen Prozess mit der nötigen Erfahrung vertritt.
Die Kanzlei für Arzthaftung und Geburtsschäden Mainz verfügt über das Fachwissen und die Erfahrung aus 15 Jahren Tätigkeit für Opfer von ärztlichen Behandlungsfehlern in der Unfallchirurgie und der chirurgischen Orthopädie. Wenn Sie Fragen zu einem Behandlungsfehler im Zusammenhang mit einer Hüft-Operation haben oder auch es bei Ihnen zu einer Hüftkopfnekrose gekommen ist, vereinbaren Sie bei uns einen unverbindlichen und kostenlosen Termin: 06131 6366752. Fachanwalt Christoph Mühl berät Sie gerne zum Thema Schmerzensgeld bei einer Hüftkopfnekrose und schief gelaufenen Hüftoperationen.