Genitalverletzung durch Hundebiss: Wer haftet und wie viel Schmerzensgeld ist möglich?

Ein Hundebiss ist immer ein schockierendes Ereignis. Wenn die Verletzung jedoch den Genitalbereich betrifft, sind die Folgen oft besonders gravierend – körperlich und seelisch. Neben den Schmerzen und der oft langwierigen Heilung können dauerhafte Schäden wie Zeugungsunfähigkeit, Impotenz oder Hormonstörungen auftreten. Viele Betroffene fragen sich dann: Wer kommt für den Schaden auf? Habe ich Anspruch auf Schmerzensgeld?

Wir erklären Ihnen die wichtigsten Punkte zur Tierhalterhaftung in Deutschland, speziell bei schweren Genitalverletzungen durch Hundebisse. Wir beleuchten, wer verantwortlich ist und welche Ansprüche Sie geltend machen können.

Die Grundregel: Tierhalterhaftung nach § 833 BGB

In Deutschland gilt eine strenge Regelung: Der Halter eines Tieres haftet grundsätzlich für Schäden, die sein Tier verursacht. Das steht in § 833 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Man spricht hier von einer Gefährdungshaftung. Das bedeutet: Der Halter haftet auch dann, wenn ihn persönlich kein Verschulden trifft. Er muss also nicht selbst etwas falsch gemacht haben (z. B. den Hund schlecht erzogen oder nicht aufgepasst haben). Allein die Tatsache, dass von einem Tier eine Gefahr ausgeht – die sogenannte „Tiergefahr“ – reicht für die Haftung aus.

Die „Tiergefahr“ meint das unberechenbare, instinktive Verhalten eines Tieres. Wenn ein Hund zubeißt, verwirklicht sich genau diese Gefahr, und der Halter muss für die Folgen geradestehen.

Haftung Hundebiss

Wer ist der Tierhalter? Nicht immer der „Besitzer“ auf Zeit!

Die Frage, wer genau der „Halter“ ist, ist entscheidend. Halter ist nicht automatisch derjenige, bei dem sich der Hund gerade befindet. Halter ist vielmehr die Person, die:

  1. Bestimmt, was mit dem Tier geschieht (Bestimmungsmacht).
  2. Aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt (Futter, Tierarzt, Versicherung, Steuer).
  3. Den Nutzen aus dem Tier zieht (z. B. Freude, Gesellschaft, Bewachung).
  4. Das wirtschaftliche Risiko trägt (z. B. bei Verlust oder Krankheit).
  5. Die dauerhafte und nicht nur vorübergehende Verfügungsgewalt über das Tier hat.

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung verdeutlicht das: Eine Frau gab ihren Dackel wegen eines Krankenhausaufenthalts vorübergehend in die Obhut ihrer Tochter und ihres Schwiegersohns. Obwohl der Schwiegersohn den Hund während der Abwesenheit seiner Frau betreute, blieb die Mutter die Halterin, da sie die eigentliche Bestimmungsmacht behielt und die Abgabe nur vorübergehend war. Selbst wenn der Hund aus Steuergründen woanders gemeldet ist, ändert das nicht unbedingt etwas an der Haltereigenschaft, wenn der eigentliche Halter weiterhin die Kosten trägt und die Bestimmungsmacht hat.

Der Sonderfall: Genitalverletzung durch Hundebiss mit verheerenden Folgen

Ein Biss in den Genitalbereich ist besonders schlimm. Die Verletzungen können extrem schmerzhaft sein und zu dauerhaften, lebensverändernden Beeinträchtigungen führen, wie:

  • Verlust von Hoden
  • Zeugungsunfähigkeit (Infertilität)
  • Beiwohnungsunfähigkeit (Impotenz)
  • Schwere und schmerzhafte Hormonstörungen
  • Notwendigkeit dauerhafter medizinischer Behandlung
  • Erhebliche psychische Belastungen

Diese Folgen treffen Betroffene in einem sehr intimen und sensiblen Bereich und können die Lebensplanung und das Selbstwertgefühl massiv beeinträchtigen.

Tierhalter Haftung Schadensersatz

Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB: Was steht Ihnen zu?

Wer durch einen Hundebiss verletzt wird, hat neben dem Ersatz materieller Schäden (Arztkosten, Verdienstausfall etc.) in der Regel auch Anspruch auf Schmerzensgeld. Das Schmerzensgeld soll einen Ausgleich für die erlittenen körperlichen und seelischen Schmerzen bieten („Ausgleichsfunktion“) und dem Verletzten Genugtuung verschaffen („Genugtuungsfunktion“).

Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von vielen Faktoren ab und wird im Einzelfall vom Gericht festgelegt. Wichtige Kriterien sind:

  • Schwere und Art der Verletzungen: Bisse im Genitalbereich gelten als besonders schwerwiegend.
  • Dauer und Intensität der Schmerzen: Akute Schmerzen, Wundheilungsschmerzen.
  • Dauer der Behandlung und Arbeitsunfähigkeit: Krankenhausaufenthalte, Reha-Maßnahmen.
  • Dauerhafte Folgen (Dauerschäden): Insbesondere Zeugungsunfähigkeit, Impotenz, Hormonstörungen, Entstellungen, chronische Schmerzen.
  • Psychische Belastungen: Ängste, Depressionen, Trauma, Beeinträchtigung des Sexuallebens und der Lebensfreude.
  • Alter des Verletzten: Die Auswirkungen z. B. einer Zeugungsunfähigkeit können je nach Alter unterschiedlich bewertet werden.
  • Verhalten des Schädigers: Hat der Halter die Gefahr verharmlost oder sich uneinsichtig gezeigt? (Wobei die Haftung ja auch ohne Verschulden gilt).

Bei schwersten Genitalverletzungen durch Hundebisse wurden von Gerichten bereits hohe Schmerzensgelder zugesprochen. In einem älteren Fall (1988) erhielt ein Mann, der durch einen Dackelbiss beide Hoden verlor und dadurch zeugungs- und beiwohnungsunfähig wurde, 100.000 DM (entspricht heute inflationsbereinigt einer Summe von 91.990 Euro). Dies zeigt, dass Gerichte die Dramatik solcher Verletzungen erkennen und entsprechend hoch bewerten.

Schmerzensgeld für Hundebiss

Wichtige Fragen zur Haftung: Mitverschulden, Tierhüter, eigene Gefahr?

Manchmal versucht der Hundehalter (bzw. dessen Versicherung), die Haftung zu mindern oder ganz abzulehnen. Häufige Einwände sind:

  1. Mitverschulden (§ 254 BGB): Hat der Verletzte selbst zur Entstehung des Schadens beigetragen?
    • Beispiel: Den Hund unnötig gereizt.
    • Aber: Allein die Anwesenheit bei einem bekannten, aber nicht als bösartig geltenden Hund, stellt in der Regel kein Mitverschulden dar. Auch eine bekannte Krankheit (wie Diabetes), die zu einem Schwächeanfall führt, begründet nicht automatisch ein Mitverschulden, wenn nicht vorhersehbar war, dass der Hund genau in dieser Situation aggressiv reagiert. Der Halter muss beweisen, dass Sie ein Mitverschulden trifft.
  2. Tierhüter (§ 834 BGB): War der Verletzte vielleicht selbst als „Tierhüter“ verantwortlich?
    • Ein Tierhüter ist jemand, der vertraglich (auch mündlich oder stillschweigend) die Aufsicht über das Tier übernommen hat. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn man regelmäßig auf den Hund aufpasst.
    • Auch wenn man Tierhüter war, haftet der Tierhalter trotzdem! Allerdings muss der Tierhüter im Streitfall beweisen, dass er die nötige Sorgfalt bei der Aufsicht beachtet hat oder der Schaden auch bei sorgfältiger Aufsicht passiert wäre. Wenn der Verletzte aber z. B. während eines unvorhersehbaren Anfalls hilflos war, kann ihm oft keine Sorgfaltspflichtverletzung vorgeworfen werden.
  3. Handeln auf eigene Gefahr: Hat sich der Verletzte bewusst einer besonderen Gefahr ausgesetzt?
    • Dieser Einwand greift nur selten. Man müsste sich freiwillig einer spezifischen, bekannten Gefahr ausgesetzt haben, die über das normale Risiko im Umgang mit dem Tier hinausgeht.
    • Beispiel: Man betritt trotz Warnung ein Gelände mit einem als aggressiv bekannten Wachhund.
    • Keine besondere Tiergefahr: Man wird von einem Familienhund gebissen, der bisher als friedlich galt, auch wenn man weiß, dass jeder Hund theoretisch beißen kann. Auch wenn der Hund schon mal geknurrt oder gezwickt hat, muss das nicht heißen, dass man sich bewusst der Gefahr einer schweren Beißattacke aussetzt.
Genitalverletzung durch Hundebiss

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Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema Hundebiss & Haftung

Hier beantworten wir einige der häufigsten Fragen, die sich Opfer eines Hundebisses stellen:

1. Wie hoch ist das Schmerzensgeld bei Hundebiss? / Wie viel Geld kriegt man, wenn man von einem Hund gebissen wird?

Es gibt keine pauschalen Beträge für Schmerzensgeld nach einem Hundebiss. Die Höhe hängt immer vom Einzelfall ab. Wichtige Faktoren sind:

  • Schwere der Verletzung: Oberflächliche Wunden oder schwere Verletzungen?
  • Dauer der Behandlung: Wie lange mussten Sie ärztlich behandelt werden? Waren Operationen nötig?
  • Dauerhafte Folgen: Gibt es bleibende Schäden wie Narben, Bewegungseinschränkungen, psychische Probleme oder – wie im Artikel beschrieben – Zeugungsunfähigkeit oder Impotenz?
  • Intensität der Schmerzen: Wie stark waren die Schmerzen und wie lange hielten sie an?
  • Psychische Belastung: Hat der Vorfall Ängste oder ein Trauma ausgelöst?

Gerade bei schweren Genitalverletzungen können sehr hohe Schmerzensgelder angemessen sein, da die Folgen oft lebenslang spürbar sind. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, eine realistische Einschätzung für Ihren Fall zu bekommen.

2. Welche Ansprüche gibt es nach einem Hundebiss? / Welche Entschädigung bekommt man bei einem Hundebiss?

Neben dem Schmerzensgeld (das den körperlichen und seelischen Schaden ausgleichen soll) können Sie nach einem Hundebiss Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden haben. Dazu gehören typischerweise:

  • Heilungskosten: Alle Kosten für Ärzte, Krankenhaus, Medikamente, Physiotherapie, psychologische Betreuung etc., die nicht von der Krankenkasse übernommen werden.
  • Verdienstausfall: Wenn Sie wegen der Verletzung nicht arbeiten konnten.
  • Haushaltsführungsschaden: Wenn Sie Ihren Haushalt nicht mehr selbst führen konnten und Hilfe brauchten.
  • Mehrbedarf: Kosten für Hilfsmittel, Umbauten oder Pflege, die durch die Verletzung nötig wurden.
  • Sachschäden: Kosten für beschädigte Kleidung, Brille oder andere Gegenstände.

Zusammenfassend umfasst die „Entschädigung“ also alle materiellen und immateriellen Nachteile, die Ihnen durch den Biss entstanden sind.

3. Was zahlt die Versicherung bei Hundebiss?

In der Regel springt die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Hundehalters ein. Diese Versicherung ist in vielen Bundesländern sogar Pflicht. Sie übernimmt – bis zur vereinbarten Versicherungssumme – die berechtigten Ansprüche des Opfers, also Schmerzensgeld und die anderen Schadensersatzposten (Heilungskosten, Verdienstausfall etc.).

Die Versicherung prüft den Fall und die Forderungen. Manchmal versucht sie, die Zahlung zu kürzen, z. B. indem sie ein Mitverschulden des Opfers behauptet. Hat der Halter keine Versicherung, haftet er persönlich mit seinem gesamten Vermögen.

4. Bekomme ich Geld, wenn mich ein Hund beißt?

Ja, in der Regel schon. Grundlage ist die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB. Der Halter haftet meistens, auch wenn ihn kein direktes Verschulden trifft. Sie müssen nachweisen, dass Sie von dem Hund gebissen wurden und dadurch einen Schaden (Verletzung, Kosten) erlitten haben. Wie viel Geld Sie bekommen, hängt dann von der Höhe des Schadens und der erlittenen Verletzungen ab.

Anwalt für Hundebiss

Was sollten Sie nach einer Genitalverletzung durch Hundebiss tun?

  1. Sofortige ärztliche Behandlung: Suchen Sie umgehend einen Arzt oder ein Krankenhaus auf. Die Infektionsgefahr ist hoch, und die Verletzungen müssen professionell versorgt werden.
  2. Dokumentation: Lassen Sie die Verletzungen genau dokumentieren (Arztbericht, Fotos). Notieren Sie den genauen Hergang des Vorfalls, Ort, Zeit und mögliche Zeugen mit Kontaktdaten.
  3. Meldung: Melden Sie den Vorfall dem zuständigen Ordnungsamt. Dies kann auch wichtig sein, um zukünftige Vorfälle zu verhindern.
  4. Hundehalter informieren: Informieren Sie den Halter des Hundes über den Vorfall und die Verletzungen. Fragen Sie nach dessen Haftpflichtversicherung.
  5. Anwaltliche Hilfe suchen: Gerade bei solch schweren Verletzungen ist es unerlässlich, sich frühzeitig an einen spezialisierten Anwalt für Tierhalterhaftung und Personenschäden zu wenden (z.B. Anwalt für Medizinrecht). Ein Anwalt kann Ihre Ansprüche prüfen, Sie gegenüber der Versicherung vertreten und Ihre Rechte optimal durchsetzen. Warten Sie nicht zu lange, da Ansprüche verjähren können!

Eine Genitalverletzung durch einen Hundebiss ist ein traumatisches Ereignis mit potenziell lebenslangen Folgen. Das deutsche Recht sieht eine strenge Haftung des Tierhalters vor (§ 833 BGB). Betroffene haben in der Regel Anspruch auf umfassenden Schadensersatz und ein angemessenes Schmerzensgeld, das die Schwere der Verletzungen und deren Auswirkungen auf das weitere Leben berücksichtigt. Lassen Sie sich nicht durch Einwände wie Mitverschulden oder Tierhütereigenschaft vorschnell entmutigen. Suchen Sie professionelle rechtliche Unterstützung, um Ihre Ansprüche bestmöglich geltend zu machen.

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Christoph Mühl
Christoph MühlFachanwalt für Medizinrecht
Rechtsanwalt Christoph Mühl ist Patientenanwalt und hilft seit 2008 Opfern von ärztlichen Behandlungsfehlern, einen angemessenen Schadenersatz und Schmerzensgeld für Schäden zu erhalten, die bei Operationen und ärztlichen Behandlungen aufgetreten sind.
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