Behandlungsfehler bei Hüft-Prothese – 100.000 Euro Schmerzensgeld
Hüft-OP – Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro.
Nach einer fehlerhaften Operation und Nachsorge nach Implantation einer Hüftgelenk-Prothese erhält die Mandantin 100.000 Euro Schmerzensgeld.
Die Operation zum Ersatz der Hüfte durch ein künstliches Hüftgelenk ist der am häufigsten durchgeführte Eingriff an deutschen Kliniken. Allein im Jahr 2017 wurden 238.000 Hüftprothesen implantiert. Wegen dieser hohen absoluten Zahl an Operationen ist der Einsatz von Hüftgelenk-Prothesen der Eingriff mit der höchsten Fehlerquote. Dicht gefolgt von Fehlern bei Knie-Prothesen.
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Wie kam es zum Behandlungsfehler bei der Hüft-OP?
Heute berichten wir Ihnen über einen Fall, den wir kürzlich für eine geschädigte Patientin erfolgreich abgeschlossen haben. Sie bekommt Schmerzensgeld nach einer Hüft-OP, die gewaltig schief gelaufen ist.
Operation
Bei der Mandantin wurde ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt. Unmittelbar nach der Operation erlitt die Patientin im Aufwachraum einen Herzstillstand und musste reanimiert werden.
Bereits unmittelbar nach dem Aufwachen auf Station war dann das gesamte linke Bein stark geschwollen, schmerzte und war überwärmt. In den folgenden Tagen stiegen die Entzündungswerte immer weiter (CRP-Wert lag bei zuletzt 112,70 mg/l – bei einem Normalwert unter 5 mg/l). An und für sich hätte das den Ärzten zu denken geben müssen.
Nachsorge
Erst nach sechs Tagen wurde die Patientin in eine größere Klinik verlegt. Dort wurde die operierte Hüfte wieder eröffnet und gespült. Danach begann die Rehabilitation in einer Reha-Klinik.
In der Reha-Klinik verschlechterte sich der Zustand der Patientin zunehmend. Deshalb musste die Patientin erneut in eine (andere) Klinik verlegt werden.
Bei der Aufnahme stellte man eine erhöhte Temperatur und einen erhöhten Entzündungswert fest. Die Operationswunde war gerötet und überwärmt. Als man in dieser Klinik dann eine Röntgenaufnahme (Übersichtsaufnahme vom Becken) machte, stellten die Ärzte eine massive Fehllage der implantierten Gelenkpfanne und eine Beinverkürzung um 7 cm (!) fest.
Es folgten vier weitere Operationen und weiterer Reha-Aufenthalt. Das alles setzte der Mandantin körperlich und psychisch sehr zu.
Worin lagen die Behandlungsfehler?
Behandlungsfehler während der OP
Allem voran war dem Operateur eine insuffiziente OP- Technik vorzuwerfen. Diese entsprach nicht dem geltenden Behandlungsstandard eines Facharztes für Orthopädie/Unfallchirurgie. Hierdurch kam es zu einer Implantation der Komponenten in Fehllage. Außerdem entstand eine massive Beinverkürzung um ca. 7 cm.
Behandlungsfehler im Aufwachraum
Infolge unsorgfältiger postoperativer Nachsorge kam es im Aufwachraum zu einem Herzstillstand.
Behandlungsfehler bei der Nachsorge
Bereits nach der ersten OP kam es nach der Verlegung ins Krankenzimmer -offensichtlich durch die Thrombosemedikamente verursacht- zu einer massiven Nach-/Einblutung ins Gewebe. Dadurch bildete sich ein riesiger Bluterguss im gesamten linken Bein. Hierauf hat das Klinikpersonal wiederum entgegen dem geltenden ärztlichen Behandlungsstandard nicht reagiert.
Schließlich erfolgte trotz stetiger, starker Erhöhung des CRP-Wertes (auf 112,7 mg/l) und eines prallen, geschwollenen und glänzenden Beins keine fachgerechte Reaktion hierauf. Das Klinikpersonal behandelte die Symptome der Patientin mit immer höheren Dosen an Schmerzmitteln. Mit der Infektionsursache haben sich die Ärzte jedoch nicht auseinandergesetzt.
Zu welchen Schäden kam es durch die fehlerhafte Hüft-OP?
Die Mandantin erlitt ganz schwerwiegende gesundheitliche Schäden, die ihr dauerhaft verbleiben werden (Dauerschaden). Ihr Alltag ist gezeichnet davon und ihre Lebensqualität leidet erheblich seit der fehlerhaften Hüft-OP. Insbesondere liegen bis heute starke Schmerzen und schwerwiegende Beschwerden und Beeinträchtigungen nach der Hüft-OP vor, die ein Schmerzensgeld begründen.
Bewegungseinschränkungen und Einschränkungen der Mobilität
- Bewegungseinschränkungen beim Gehen/Laufen; die Patientin ist auf Krücken angewiesen. Deswegen kann sie sich nicht abstützen (z.B. am Geländer o.ä.) bzw. kann sie das allenfalls nur dann, wenn sie nur eine Gehstütze verwendet. Wegen der Statik und zur Vermeidung von Fehlhaltung/Belastung soll sie an sich aber keine Gehstützen einsetzen. Beidhändiges Tragen von Gegenständen scheidet vollkommen aus.
- Die Geschädigte kann beschwerdebedingt nicht in die Knie oder Hocke gehen und sich aus diesem Zustand nicht aufrichten.
- Sie ist nicht in der Lage, auf eine Leiter zu steigen.
- Fast sämtliche Tätigkeiten im Garten scheiden ebenso aus. Auch Reparaturarbeiten am Haus sind nur bedingt möglich.
- Es ist eine Sohlenerhöhung links erforderlich.
- Selbständiges Autofahren ist nicht möglich, da die Beugemuskulatur zu schwach ist.
Einschränkungen der Freizeitplanung
- Die Freizeitplanung und Gestaltung sind massiv eingeschränkt: Kegeln, Tanzen, Radfahren, Schwimmen, Wandern sind mit den o.g. Beeinträchtigungen nicht mehr möglich.
- Spaziergänge kann die Geschädigte zwar machen. Dies ist jedoch nur an Unterarmgehhilfen und zeitlich auch nur begrenzt möglich.
- Immer wieder kommt es zu depressiven Verstimmungen. Sie ist schnell gereizt bzw. überreizt (die Nerven liegen blank) und es plagen sie Zukunftsängste. Deswegen zieht sie sich aus dem gesellschaftlichen Leben immer mehr zurück.
Sind 100.000 Euro Schmerzensgeld für fehlerhafte Hüft-OP angemessen?
Man kann sich immer die Frage stellen, wieviel Schmerzensgeldnach einer fehlerhaften Hüft-OP angemessen ist, um einen Dauerschaden auszugleichen. Patientenanwalt Christoph Mühl hat sich zur Begründung auf eine Entscheidung des OLG Saarbrücken aus 2012 gestützt. Dort wurde der damaligen Klägerin ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro zugesprochen. Es ging in diesem Fall um eine fehlerhaft implantierte künstliche Hüfte (Hüft-TEP) mit einem komplizierten Verlauf (Infektion mit multiresistenten Bakterien, MRSA).
Da diese Gerichtsentscheidung aber schon fast 10 Jahre her ist, habe ich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu schwerwiegenden Schäden abgestellt. Der BGH hat nämlich schon vor Jahren festgehalten, dass Gerichte nicht gehalten sind, sich an früheren Entscheidungen zu richten. Gerade bei schwerwiegenden, dauerhaften Schäden können die Instanzgerichte über bisherige Entscheidungen hinausgehen und sollen es auch nach Inkrafttreten der Schadensmodernisierung ausdrücklich tun.
Gut zu wissen: Der Bundesgerichtshof sieht bei gravierenden Schäden ein hohes Schmerzensgeld vor. Instanzgerichte sollen daher bei schweren Schäden großzügig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes verfahren.
Fazit: Bei gravierenden Medizinschäden ist es absolut empfehlenswert, einen Fachanwalt für Medizinrecht mit Spezialisierung auf Patientenrechte hinzu zu ziehen. Nur auf diese Weise ist sichergestellt, dass Patienten angemessen entschädigt werden.