Medizinrecht: Wir fordern 100.000 Euro Schmerzensgeld für Schlaganfall.
In diesem Beitrag schildern wir den Fall eines Mandanten, der nach einem chiropraktischen Eingriff an der Halswirbelsäule einen Schlaganfall erlitten hat. Der Schlaganfall führte zu bleibenden neurologischen Schäden und einer erheblichen Beeinträchtigung des Alltags. Der Mandant fordert nun Schmerzensgeld und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 500.000 Euro.
Inhalt
Wie kam es zu dem Schlaganfall nach Chiropraktik?
Der Mandant litt unter Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule und suchte deshalb eine orthopädische Praxis auf. Dort wurde ihm ohne irgendeine Untersuchung ein „akutes HWS-Syndrom“ diagnostiziert und ein chiropraktischer Eingriff an der Halswirbelsäule durchgeführt.
Gut zu wissen: Was ist ein akutes HWS-Syndrom? Als HWS-Syndrom – auch Halswirbelsäulen-, Zervikal- oder Cervicalsyndrom – bezeichnet man Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule. Häufig treten dabei Verspannungen, Schwindel sowie Kopfschmerzen auf. Es ist akut, wenn es unvermittelt auftritt.

Um die Beschwerden zu therapieren, wurde durch den Arzt an der Halswirbelsäule ein chiropraktischer Eingriff vorgenommen.
Gut zu wissen: Was ist Chiropraktik? In der Chiropraktik werden Gelenke mit gezielten schnellen Impulstechniken behandelt, den sog. Manipulationen. Diese Techniken rufen das für die Chiropraktik typische Knacken hervor, weshalb diese Art der Therapie häufig als „Einrenken“ umschrieben wird. Diese Behandlungsmethode ist medizinisch sehr umstritten.
Zwei Wochen später erlitt der Mandant während seines Urlaubs auf Zypern einen Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, starken Kopfschmerzen und Übelkeit. Im Krankenhaus wurde ihm ein Schlaganfall im unteren Kleinhirn diagnostiziert. Es lag eine Dissektion der Vertebralisarterie vor.
Gut zu wissen: Was ist eine Vertebralisdissektion. Die Vertebralarterien verlaufen im Nacken durch Knochenkanäle der Querfortsätze der Halswirbelkörper. Sie versorgen den Hirnstamm und das Kleinhirn mit Blut. Unter Dissektion wird eine durch einen Riss in der Arterie verursachte Einblutung in die Wand der Arterie verstanden. Durch die Einblutung in die Gefäßwand wird eine zunehmende Gefäßverengung verursacht. In vielen Fällen kommt es sogar, wie auch bei unserem Mandanten, zu einem Verschluss der Arterie im befallenen Segment.
Ursache des Schlaganfalls
Eine MRT-Untersuchung ergab, dass der Schlaganfall durch eine Vertebralisdissektion ausgelöst wurde, d.h. durch einen Riss in der Arteria vertebralis, die den Hirnstamm und das Kleinhirn mit Blut versorgt. Der Riss in der Arterie befand sich auf Höhe des Atlaswirbels, genau dort, wo auch der chiropraktische Eingriff vorgenommen wurde.
Behandlungsfehler
Dem Arzt werden mehrere Behandlungsfehler vorgeworfen:
- Unzureichende Diagnose: Die Ursache der Beschwerden wurde vor dem Eingriff nicht ermittelt.
- Anwendung einer medizinisch nicht anerkannten Behandlungsmethode: Die Chiropraktik ist keine anerkannte medizinische Behandlungsmethode.
- Fehlende Aufklärung: Der Mandant wurde nicht über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt.

Folgen des Schlaganfalls nach Chiropraxis
Der Schlaganfall hat bleibende Spuren hinterlassen. Der Mandant leidet bis heute unter folgenden Beschwerden:
- Sprachstörungen,
- Missempfindungen,
- Gleichgewichtsstörungen und weiteren schweren neurologischen Symptomen.
Er kann seinen Beruf nicht mehr ausüben und ist im Alltag stark eingeschränkt.
Chiropraxis und Schlaganfall – Wieviel Schmerzensgeld und Schadensersatz
Wir fordern für unseren Mandanten Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 400.000 Euro.
Gänzliches Ausbleiben von ärztlicher Aufklärung
In dem Fachbuch „Manuelle Medizin an der Halswirbelsäule“ (Ernst/ Meyer-Holz/Weller) wird als mögliche Komplikationen chiropraktischer Manipulationsbehandlung unter anderem eine Verletzung der Arteria vertebralis mit Durchblutungsstörungen einzelner Hirnareale bis hin zur bleibenden Lähmung oder Todesfolge genannt.
In einem nahezu identisch gelagerten Fall hat das OLG Oldenburg nicht zuletzt deshalb für Recht erkannt, dass ein Patient vor einer chiropraktischen Manipulation an der Halswirbelsäule über die damit verbundenen Risiken, insbesondere einer möglichen Verletzung der Arterie vertebralis, aufzuklären ist.
Eine solche Aufklärung erfolgte gegenüber dem Mandanten keineswegs. Es wurde vom behandelnden Arzt weder auf das Schlaganfall-Risiko noch auf alternative, medizinisch anerkannte Behandlungsmethoden hingewiesen.
Dadurch wurde der Mandant in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, da er keine Kenntnis über die Risiken des Eingriffs hatte und somit nicht selbstbestimmt entscheiden konnte, ob er mit der Vornahme des Eingriffs einverstanden ist.

Die rechtliche Situation
Ein Schlaganfall nach einer chiropraktischen Behandlung kann einen Arzthaftungsfall darstellen. Der Arzt haftet, wenn er bei der Behandlung einen Fehler gemacht hat und dieser Fehler zu dem Schlaganfall geführt hat.
Beweislast
In der Arzthaftung trägt der Patient die Beweislast. Er muss beweisen, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat und dass dieser Fehler zu dem Schaden geführt hat. Dies kann schwierig sein, da es oft keine eindeutigen Beweise gibt.
Wenn es um die Aufklärung geht, muss der Arzt eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten beweisen.
Gutachten
In der Regel wird in Arzthaftungsverfahren ein medizinisches Gutachten eingeholt. Dieses Gutachten soll klären, ob der Arzt einen Fehler gemacht hat und ob dieser Fehler zu dem Schaden geführt hat.
Liegt der Fehler in der unterlassenen Aufklärung bedarf es eines Gutachtens, um festzustellen, ob die Beschwerden tatsächlich auf die Behandlung zurückzuführen sind.
Höhe des Schmerzensgeldes wegen Schlaganfall nach Chiropraktik
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere des Schadens und den individuellen Lebensumständen des Patienten. Bei einem Schlaganfall mit bleibenden Schäden kann das Schmerzensgeld in die Hunderttausende von Euro gehen.
Verjährung von Behandlungsfehlern
Arzthaftungsansprüche verjähren nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Patient von dem Schaden und dem Arztfehler Kenntnis erlangt hat.

Was können Sie tun, wenn Sie vermuten, dass ein Schlaganfall durch einen Behandlungsfehler verursacht wurde?
Ist es bei Ihnen oder einem Angehörigen zu einem Schlaganfall nach einer Behandlung beim Orthopäden / Chiropraktiker gekommen?
Damit auch Sie für Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des Arztes oder eines Orthopäden gut aufgestellt sind, ist es wichtig, einen Experten an Ihrer Seite zu haben.
Die Kanzlei für Medizinrecht in Mainz hat sich ausschließlich auf Arzthaftung spezialisiert und vertritt erfolgreich Patienten aus der Metropolregion Mainz, Wiesbaden, Frankfurt am Main und dem Rhein-Neckargebiet bei ärztlichen Behandlungsfehlern.
Mit seiner langjährigen Erfahrung und Kompetenz erzielt Fachanwalt für Medizinrecht Christoph Mühl für seine Mandanten angemessene und faire Entschädigungen, und verhilft Opfern von Behandlungsfehlern auch in komplexen Sachverhalten zur Gerechtigkeit.
Tipps bei Schlaganfall nach chiropraktischer Behandlung
- Wenn Sie nach einer chiropraktischen Behandlung einen Schlaganfall erleiden, sollten Sie sich unverzüglich an einen Anwalt wenden.
- Lassen Sie sich von einem spezialisierten Anwalt für Medizinrecht beraten.
- Bewahren Sie alle Unterlagen auf, die mit der Behandlung und dem Schlaganfall zusammenhängen.
- Melden Sie den Schlaganfall Ihrer Krankenkasse.
Ein Schlaganfall nach einer chiropraktischen Behandlung kann schwerwiegende Folgen haben. Wenn Sie durch das „Einrenken“ der Halswirbelsäule einen solchen Schlaganfall erleiden, sollten Sie sich von einem Anwalt für Medizinrecht beraten lassen.
Weitere Informationen
- Arzthaftung Schlaganfall: Erfahren Sie mehr zu Falschbehandlung bei Schlaganfall
- Infos über Behandlungsfehler: Informationen rund um das Thema Behandlungsfehler
- Patientenberatungsstelle: https://www.patientenberatung.de/








